Das 1929 in Berlin entstandene Gemälde "Garderobe" zeigt ein für Paul Kleinschmidt typisches Motiv, nimmt aber doch in seinem Oeuvre einen besonderen Platz ein. Paul Kleinschmidt, der als Schöpfer ganz eigener Figurationen gilt, war der Sohn eines Varietétheater-Direktors und einer Schauspielerin. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Kleinschmidt besonders Frauen oder Frauengruppen als Motiv in den verschiedensten Szenen, wie im Bad, im Varieté oder in Boudoirszenen und Künstlergarderoben, bevorzugte. Vor allem aber liebte er es, seine Ehefrau Margarethe mit pompösen Kleidern, Schnürstiefeln und Pelzen als mondäne Diva auszustaffieren und als Idol in seinen Bildern in Szene zu setzen. In dem Gemälde "Garderobe" stand sie für die mittlere Frau, die als einzige dem Betrachter entgegen blickt, Modell. Die Gesamtkomposition ist für Kleinschmidt eher ungewöhnlich: Sie konzentriert sich symmetrisch auf die Mittelachse des Bildes. Die Haltung der drei dargestellten Frauen ist weniger durch bestimmte Handlungen motiviert. Zwischen ihnen findet keine Interaktion statt; dennoch sind sie aufeinander bezogen. Die Frauen sind räumlich hintereinander gestaffelt und verschmelzen zu einer Einheit. Die hintere Figur mit ihren erhobenen Armen und die vordere mit ihrer Rückenansicht bilden einen Rahmen um das zentrale Bildnis. Das Gesicht der mittleren Frau zeigt ein Lächeln, das zugleich Rätselhaftigkeit und Einsamkeit aufzeigt. Durch die fast anbetende Haltung der vorderen Figur wird der Eindruck eines archaischen Kults erweckt, zu dem die Rituale des Boudoirs überhöht werden. Der Wechsel von abgewandter und dem Betrachter visierender Figur sowie der Verzicht von perspektivischer Räumlichkeit verursachen beim Betrachter einen Eindruck von bedrängender Intimität und doch distanzierender Ruhe.
Signiert und datiert Mitte li. "P. Kl. 19. Juni 29"
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