Seit Mitte der 1970er Jahre entwickelte Ida Applebroog ihren charakteristischen, an Comics erinnernden Zeichenstil, in dem sie simple Alltagsszenen in der Art von Filmbildern auf Pergamentpapier, später auch auf Leinwand nebeneinander setzte und handschriftlich kommentierte. Erst Mitte der 1980er Jahre wandte sich die amerikanische Künstlerin der Malerei zu, wobei sie ihre Gemälde zum Teil sehr großformatig und zumeist zweiteilig gestaltete. Zur so genannten Hospital-Serie gehört "Missionary Sisters of the Immaculate Heart of Mary" (dt.: Missionsschwestern von Marias unbeflecktem Herzen) aus den Jahren 1983/84, in der Applebroog zum ersten Mal die Strichzeichnungen mit realistisch gemalten Figuren konfrontiert. Zu sehen ist ein sitzendes Mädchen als unstrukturierte helle Fläche vor dunklem Grund. Auf ihrem Schoß liegt ein aufgeschlagenes Buch. Abgebildet ist die Figur eines Papstes. Auf dem oberen Randstreifen sind zwei frivole, vor Kraft strotzende Nonnen dargestellt. Diese Figuren sind im Gegensatz zu dem Mädchen sehr detailliert und plastisch herausgearbeitet. Der Papst als Oberhaupt der Katholischen Kirche und Träger der Höchstgewalt und die Nonnen, die an Gott und die Kirche gebunden sind, kommentieren den Machtanspruch der Erwachsenenwelt. Ida Applebroogs Themen sind Lügen, Ängste, Tabus und Gewalt in Familie und Öffentlichkeit, die permanent durch die Medien vermittelt und dennoch kaum beachtet werden. Die Künstlerin vermeidet jedoch den einfachen Weg der Schuldzuweisung: Bei ihren Bildern ist jeder Opfer und Täter zugleich.
Signiert und datiert rückseitig "Ida Applebroog 1983/84"
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