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Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm [DZM 13606-01 bis -03]
Gedenkflasche mit Heiligenbild und einem beschrifteten Zettel (Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm / Oleg Kuchar (CC BY-NC-SA)
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Gedenkflasche mit Heiligenbild und einem beschrifteten Zettel

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Beschreibung

Glasflasche mit der erhabenen Aufschrift "BRAUSELIMONADE MIT FRUCHTGESCHMACK / XAVER FOIDL REGENSBURG". In der Flasche lag ein Heiligenbild und ein beschrifteter Zettel: "Josef Reitmann / geboren 1931. am 3. May in Apatin / gestorben in Gagowo / 1945. am 28. Oktober / seine Eltern sein / Peter Reitmann / geboren 1904 in Apatin / Mutter Katharina Reitmann g Schradi / geboren 1904 in Sentiwan". Auf der Rückseite steht geschrieben "hir angekomen am 20 cum ersten mal / an tas Grab".

Vlado R. fand die Flasche im Herbst 1974 in einem Baumstumpf. Er stammt aus dem Süden des damaligen Jugoslawien und kaufte sich 1970 im nordwestlichen Teil Serbiens ein Haus mit Grundstück. Die Ortschaft Gakowa/Gakovo (Batschka, Serbien) liegt wenige Kilometer von der ungarischen und kroatischen Grenze entfernt. Einige Bäume auf dem Grundstück fällte Vlado R. noch im selben Jahr und lagerte die Wurzeln vor seinem Haus. Vier Jahre später, als die Wurzelballen gut getrocknet waren, machte er sich daran, sie von der Erde zu säubern und zu Brennholz zu zerhacken.

Dabei entdeckte er eine durchsichtige Glasflasche mit Schnappverschluss. Auf der Flasche befand sich eine Reliefschrift: "Brauselimonade mit Fruchtgeschmack". In der Flasche war keine Brauselimonade, vielmehr lagen ein Heiligenbildchen und ein in ungelenker Schrift mit Blaustift beschrifteter Zettel darin. Die Flasche zeigte der Nachwelt den Tod eines 14-jährigen Kindes an.

34 Jahre später kommt die Flasche in den Besitz des Donauschwäbischen Zentralmuseums. Die Flaschenpost erzählt mehr als nur ein persönliches Schicksal.

Vlado R. hatte, wohl ohne es zu wissen, ein Grundstück am Rande eines Massengrabs erworben, in dem 5 827 Menschen – so viele sind namentlich bekannt, vermutlich waren es mehr – verscharrt wurden. Die Menschen kamen hier nach dem Zweiten Weltkrieg, zwischen 1945 und 1948 um. Dann wuchs – im wörtlichen und im übertragenen SinnGras über die Sache. Das Tito-Jugoslawien verschwieg und vertuschte den Exodus und das Massensterben der Donauschwaben nach dem Zweiten Weltkrieg.

In dem Dorf Gakowa lebten bis zum Zweiten Weltkrieg fast ausschließlich deutsche Bauern und Handwerker. Im November 1944 wurde das 2 700-Seelen-Dorf von Tito-Partisanen komplett geräumt. Ab März 1945 war Gakowa für drei Jahre ein Konzentrationslager für Deutsche aus der Batschka. Bis zu 17 000 Menschen, vor allem Frauen, Alte und Kinder wurden hier interniert. Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal. Typhus und andere Krankheiten brachen aus, viele Menschen starben daran.

Die Internierung der deutschen Zivilbevölkerung in Jugoslawien war eine direkte Folge des Zweiten Weltkrieges. Alle 360 000 Donauschwaben, die dort zwei Jahrhunderte lang friedlich mit Serben, Kroaten und Ungarn zusammengelebt hatten, wurden für die Verbrechen Hitler-Deutschlands verantwortlich gemacht und mit einer menschenverachtenden Kollektivstrafe belegt. Mehr als 50 000 von ihnen starben.

Material/Technik

Glas, Eisen, Porzellan, Papier

Maße

H x D: 26 x 7,5 cm (Flasche); H x B: 7,2 x 4 cm (Heiligenbild); H x B: 10,6 x 14,8 cm (Zettel)

Literatur

  • Christian Glass (2014): Flaschenpost aus Gakowa. Die erschütternde Geschichte eines Exponats aus dem Donauschwäbischen Zentralmuseum, In: Blickwechsel. Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa, Ausgabe 2.
Karte
Vergraben Vergraben
1945
Peter Reitmann
Gakovo
Vergraben Vergraben
1945
Katharina Reitmann
Gakovo
1944 1947
Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm

Objekt aus: Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm

Das Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) in Ulm ist bundesweit das einzige Museum, das die Geschichte der Donauschwaben umfassend und auf...

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