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Landesmuseum Württemberg Ausstellung "Kunstschätze aus Hohenlohe"

Ausstellung "Kunstschätze aus Hohenlohe"

Im Mittelpunkt der Ausstellung stand das Wirken der weit verzweigten Fürstenfamilie Hohenlohe, die Blüte der ehemaligen freien Reichsstadt Schwäbisch Hall und überregional bedeutende Kunstsammlungen. Eine besondere Stellung nahm die Kunstkammer des Fürstenhauses Hohenlohe mit Werken des Bildhauers Leonhard Kern (1588-1662) ein.
Laufzeit: 13. Juni bis 23. August 2015

[ 4 Objekte ]

Die Drei Grazien

In der Einleitung seiner Schrift über "Die Wohltaten" stellt sich Seneca angesichts der drei sich umarmender Grazien die Frage: "Was soll der Reigen der mit verschlungenen Händen sich immer auf’s neue zusammenfindenden Schwestern?" und deutet sie als Allegorie der Wohltat, weil "die Wohltat, von Hand zu Hand gehend, dennoch immer wieder den Kreislauf zum Geber zurückmacht". Meist werden die Grazien so angeordnet, dass eine der Frauen dem Betrachter den Rücken zukehrt während ihn zwei anblicken, denn "die Wohltat, die wir geben, kehrt doppelt uns zurück." Mit der kreisförmigen Anordnung scheint Kern aber den von Seneca so herausgehobenen Fluß von Geben und Nehmen betonen zu wollen. Indes wird den Künstler wie den Käufer des Stücks nicht allein dieser moralische Aspekt gereizt haben. Die dreifache Wiederholung des nackten Mädchenkörpers - geschnitzt aus einem einzigen Stück Elfenbein - führt beispielhaft Kunstfertigkeit vor Augen und macht den erotischen Reiz der Darstellung aus. Die Drei Grazien sind in der Schausammlung "LegendäreMeisterWerke" im Alten Schloss ausgestellt. Erworben aus Lotto-Mitteln.

Menschenfresserin

Die schockierende Darstellung einer hässlichen alten Frau, die gierig in ein abgetrenntes Menschenbein beißt, gehört zu den erfolgreichsten Erfindungen des Bildhauers Leonhard Kern. Seine Menschenfresserinnen waren Bestseller. Gleichwohl ist es bis heute nicht gelungen, das Thema der Darstellung eindeutig zu bestimmen. Die Figur wird gedeutet als Erdmutter Gaea, der Geiz oder eine Allegorie der Hungersnot. Vielleicht erinnerte die Darstellung auch an die Grauen des Dreißigjährigen Krieges oder die Menschenfresserin war als Gegenbild zu den tugendhaften Heroen in der Hofkunst konzipiert, mit denen die absolutistischen Herrscher in der gängigen Ikonographie verglichen wurden. Für die Deutung der Figur als Menschenfresserin spricht, dass sie mit dieser Bezeichnung in Inventaren der Stuttgarter Kunstkammer(1693 und um 1750) aufgeführt ist. [Fritz Fischer]

Vertreibung aus dem Paradies

Entgegen der traditionellen Darstellungsweise erzählt der Bildhauer Leonhard Kern die dramatische Geschichte der Vertreibung aus dem Paradies einzig durch die Körpersprache der Protagonisten: Adam und Eva laufen davon. Dabei dreht sich Adam, der wohl den Erzengel mit dem Schwert herankommen sieht, nach hinten um und breitet die Arme aus, um seine Gefährtin zu schützen. Eva ringt die Hände vor der Brust und blickt verzweifelt in den Himmel. Kern hat das Thema häufiger dargestellt. In jeder Version variiert er das Sujet, wie Vergleiche mit ähnlichen Gruppen im Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig und im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zeigen. Die beiden Stuttgarter Figuren sind größer und auch nicht ganz so fein ausgearbeitet wie diese. Das wirft die Frage auf, ob sie nicht als Kunstkammerstücke, sondern als Lehrstücke für seine Werkstattmitarbeiter gedacht waren. [Fritz Fischer]

Hochzeitskleid der Prinzessin Alexandra von Sachsen-Coburg und Gotha

Das Hochzeitskleid wurde von Prinzessin Alexandra von Sachsen-Coburg und Gotha (1878-1942) bei ihrer Hochzeit mit Erbprinz Ernst II. zu Hohenlohe-Langenburg (1863-1950) am 20. April 1896 in Coburg getragen. Mit der Neuinterpretation der aus dem Biedermeier bekannten Sanduhrsilhouette folgt das elegante Hochzeitskleid aus cremefarbener Seide der mondänen Modelinie der Zeit um 1895. Nur die lange, zeremonielle Schleppe ist ein Hinweis darauf, dass die zweiteilige Robe zu einem ganz besonderen Anlass getragen wurde. Festlich ist auch die Dekoration: das Mieder mit kurzen Puffärmeln und auch der Rocksaum sind mit Perlschnüren bestickt. Dass ein langer Schleier die festliche Gewandung vervollständigt hat, zeigt ein im Stadtarchiv Coburg erhaltenes Hochzeitsfoto. Bei den engen verwandtschaftlichen Beziehungen, die die Prinzessin zum englischen Königshaus hatte, war es nahe liegend, sich für diesen viel beachteten Auftritt, dem auch Kaiser Wilhelm II. beiwohnte, der exquisiten Schneiderkunst eines Londoner Ateliers zu bedienen. [Rainer Y]

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