Die süddeutsche Stadt Füssen war vom 16. bis zum 18. Jahrhundert eines der Zentren des deutschen Geigenbaus und versorgte einen großen Teil Europas mit dort ausgebildeten oder abstammenden Geigen- und Lautenbaumeistern. Die süddeutsche Schule, die sich auch beispielsweise in Mittenwald oder im restlichen Allgäu ansiedelte, weil dort die zu verarbeitenden Berghölzer zu finden waren, bildete markant erkennbare Formen von Korpus und f-Löchern aus, die ihre Instrumente von denen italienischer und französischer Geigenbauer unterscheiden.
Die Violine von ca. 1760 besitzt die typisch süddeutsche Korpusform mit weniger spitzen Ecken am C-Bügel und einem symmetrischeren Verhältnis zwischen Ober- und Unterbügel. Die Decke ist nach dem Vorbild Jakob Stainers relativ hoch gewölbt; auch die f-Löcher entsprechen süddeutschen Vorbildern. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde dieses Instrument wie viele andere Geigen auch umgebaut: Der Hals wurde verlängert und schräger angesetzt, um ein virtuoseres Spiel und einen tragfähigeren Ton für die größer werdenden Konzertsäle zu ermöglichen.
[Till Stehr]
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