Die Münzen der antiken griechischen Städte weisen Bildmotive auf, die lokale Besonderheiten, Kulte oder Mythen illustrieren und somit die Identität der jeweiligen Polis repräsentieren. Die an der Ostküste des Marmarameeres gelegene Hafenstadt Kios prägte ihre Silbermünzen zwar nach dem Gewichtsstandard des geographisch nahen Persien, zeigte aber durch die Auswahl der Münzbilder eindeutig ihren griechischen Charakter.
Der auf der Vorderseite dargestellte Gott Apollon wurde hier offenbar besonders verehrt. Auch das Rückseitenmotiv, ein zwischen dem Beamtennamen PROXENOS dargestellter Schiffsbug, der meist als Symbol für den bedeutenden Hafen von Kios gelesen wird, könnte tatsächlich ein Hinweis auf die Gründungssage und somit auf die griechischen Wurzeln der Polis sein: Dem antiken Mythos nach sollen die Argonauten um den Helden Iason auf ihrer Fahrt zum Schwarzen Meer die Stadt gegründet haben.
Das aufwendig gestaltete Schiff auf dieser Silbermünze aus Kios könnte somit die sagenhafte Argo darstellen, das schnellste und stärkste Wasserfahrzeug der Welt, welches von der Göttin Athena nach erfolgreicher Fahrt an den Sternenhimmel versetzt wurde. Der auf dem Münzbild erkennbare Stern kann vielleicht als Vorbote des späteren Schicksals der Argo verstanden werden.
(Sonja Kitzberger)
Vorderseite: Kopf des Apollon mit Lorbeerkranz nach rechts.
Rückseite: Schiffsvorderteil nach links, darüber Stern.
Von dem Beamten Proxenos sind auch entsprechende ganze Drachmen und Statere bekannt. Überhaupt liegt dieser Münztyp mit einer großen Zahl verschiedener Beamtennamen vor.
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