Der Rechenschieber ersetzte lange Zeit den Computer bei statischen Berechnungen. Dieses Modell hatte der Ingenieur Bahri A. in den 1960er Jahren bei Baustellenbesuchen immer in seiner Hemdtasche.
In den 1950er Jahren war unter türkischen Abiturienten ein Studium in Europa "große Mode". Bahri A. entschied sich für das Bauingenieurwesen und kam 1956 mit dem Schiff über Piräus nach Neapel und von dort aus nach Deutschland. Vor Beginn des Studiums an der Technischen Hochschule Stuttgart lernte er Deutsch an einem Goethe-Institut in Bayern. Aber schon nach zwei Monaten trieb ihn die Neugier nach Stuttgart. Über eine Zeitungsanzeige fand er ein Zimmer am Hölderlinplatz. Der Platz blieb für ihn immer ein wichtiger Bezugspunkt. Bis 1959 gab es unter den Türken in Stuttgart fast nur Studenten. Treffpunkt für alle TH-ler war mittags und abends die Mensa; nach dem Essen blieb man möglichst lange gemeinsam sitzen. Dort wurden auch Veranstaltung und Feste wie der "Ball der Nationen" geplant. An seine Studienzeit hat Bahri A. gute Erinnerungen. Die 120 Studenten seines Semesters lernten unabhängig ihrer Herkunft gemeinsam, um das Studium erfolgreich abzuschließen.
Nach Abschluss des Studiums 1961 arbeitete Bahri A. in zwei Stuttgarter Ingenieurbüros. 1962 heiratete er eine Deutsche, die er drei Jahre zuvor beim Fahrschulunterricht kennen gelernt hatte. Von 1966 bis 1968 leistete er seinen Militärdienst in der Türkei ab. Seine Frau und sein Kind begleiteten ihn nach Izmir, wo er nach dem Militärdienst sein eigenes Ingenieurbüro leitete. Als 1980 der Militärputsch das Leben in der Türkei unsicher machte, kehrte die Familie nach Stuttgart zurück.
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