Der Waldseer Hafnermeister Julius Stöckler (1845-1911) war ein vielseitiger Handwerker mit ausgeprägten künstlerischen Fähigkeiten. Mit Vorliebe widmete er sich der freien Gestaltung mit Ton, wobei Stöckler häufig religiöse Themen bearbeitete. In Waldsee haben sich von seiner Hand vierzehn Halbreliefs eines Kreuzweges hinauf zur Frauenbergkapelle erhalten. Von Stöckler stammt auch die Krippe in der Stadtpfarrkirche mit ihren ursprünglich dreizehn Tafeln und insgesamt etwa 150 Figuren, von denen jedoch nur noch wenige Teile vorhanden sind.
Um 1900 dürfte die Abendmalszene entstanden sein, die aus individuell gestalteten und farbig gefassten Einzelfiguren (meist dreiviertelrund) besteht, die sich um den Tisch zu einer kompakten Szenerie gruppieren lassen und bei der Fronleichnamsprozession als Andachtsbild aufgestellt werden konnten.
Die Figurengruppe mit Christus und den zwölf Aposteln orientiert sich an einer in der Volkskunst verbreiteten Komposition, die vor allem in der Hinterglasmalerei populär war und auf einen Kupferstich von Johann Jakob von Sandrart (1655-1698) nach Giovanni Lanfranco (1582-1647) zurückgeht, wahrscheinlich vermittelt durch einen Nachstich von Ambrosius Gabler (1762-1834) aus Nürnberg (vgl. Abb.).
Auf der Rückseite sind die Figuren mit "Julius Stöckler, Waldsee" gestempelt.
[Brigitte Hecht-Lang]