Die "Schöne Ulmerin", deren Herkunft und Funktion den Kunsthistorikern noch heute Rätsel aufgeben, ist das wohl bekannteste spätgotische Kunstwerk des Ulmer Museums. In den Jahren 1475/1480 von dem Ulmer Bildschnitzer Michel Erhart als Reliquienbüste gestaltet, wurde die "Schöne Ulmerin" vermutlich nach der Reformation zu einem Leuchter profaniert. Man hatte ein Hirschgeweih an den Kopf der Büste montiert, das wiederum mit Kerzen bestückt war - damit stellte sie eine beliebte Beleuchtungsart im Mittelalter dar. So kam für diese Art von Figuren der Name "Leuchterweibchen" zu Stande. Als das Ulmer Museum die Figur im Jahr 1916 von der Familie Knoderer erwarb, hatte sie noch immer die Funktion eines Leuchters. Zunächst ließ man die Büste in ihrem "gehörnten" Zustand, da man davon ausging, dass dies schon immer so gewesen sei. Erst als man später eine Vertiefung hinter dem hölzernen Verschlussstück auf der Brust der Figur entdeckte, war klar, dass darin eine Reliquie aufbewahrt worden sein musste. Die Frauenbüste ist demnach ein Reliquienbehälter, der einst auf einem Altar gestanden hatte. Aus diesem Grund liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei der Figur um eine Heilige handelt, und zwar um Maria Magdalena. Anstelle der heutigen Holzplatte auf der Brust war eine Reliquiendose angebracht, die sicher mit Silber und Halbedelsteinen ausgeschlagen war. Seit 1934 ist die "Schöne Ulmerin" ohne Geweih im Ulmer Museum zu besichtigen.