In einem prächtigen Zimmer bringt die heilige Anna ihre Tochter Maria, die Gottesmutter, zur Welt. Die Episoden der unbefleckten Empfängnis Annas und der Geburt Mariens werden im Protoevangelium des Jakobus geschildert, das sich der Kindheit Jesu und ihrer Vorgeschichte widmet. Mutter und Tochter sind in der Geburtsszene durch Heiligenscheine gekennzeichnet. Charakteristisch für die zunehmende Diesseitsorientierung der Spätgotik ist die Raumgestaltung: Während die bewegende Geburt zwar im Zentrum zu sehen ist, hat der Maler auch den kostbaren profanen Gegenständen viel Aufmerksamkeit zukommen lassen, was sich besonders gut an dem arrangierten Gedeck auf dem Tisch im Vordergrund erkennen lässt. Die prächtige Gestaltung des Gemäldes legt nahe, dass es ursprünglich als linker Innenflügel Teil eines Altarretabels diente.
[Saskia Watzl]