Das Relief "Jungfrau Maria - Ameisenstraße" ist eines der typischen Werke Günther Ueckers aus der Zeit, in der die Gruppe Zero intensiv zusammenarbeitete. Es besteht aus einer Holzplatte, die mit Leinwand überzogen ist und auf der mit eingeschlagenen Stahlstiften eine Struktur erzeugt wird. Das gesamte Relief ist mit weißer Farbe überspritzt. Je nach Lichteinfall, ob statisch oder dynamisch, und Sicht des Betrachters erscheinen die Schatten der Stahlstifte in einem sich immer verändernden Verhältnis zueinander. Die Auswahl der Farbe Weiß ist für Uecker symbolisch: Sie verkörpert für ihn die "Totalität aller Farben", denn sämtliche Farben werden in Weiß reflektiert. Dass Uecker sein Bild "Jungfrau Maria" genannt hat, ist sicherlich kein Zufall. So symbolisiert die Farbe Weiß unter anderen auch die Jungfräulichkeit. Durch die Verwendung der Stahlstifte entwickelte Uecker ein ganz persönliches Ausdrucksmittel, mit dem er die Subjektivität des gemalten Bildes überwinden wollte. Die Stahlstifte werden damit zu einem objektiven Gestaltungsmittel; das Bild ist nicht mehr gestisch oder intuitiv komponiert, sondern rational strukturiert. Das Licht, welches je nach Richtung, Intensität und Bewegung Schatten auf die Stahlstifte wirft, ist damit der wesensbestimmende Faktor von Ueckers Stahlstiftobjekten.
Signiert und datiert rückseitig "Uecker 62", bez. rückseitig "Jungfrau Maria Uecker 62 Ameisenstr."
Stiftung Sammlung Kurt Fried