Der Kult der Göttin Vesta gehörte sicher zu den altehrwürdigsten und bedeutendsten des römischen Staates. Ihre Priesterinnen, die jungfräulichen Vestalinnen, wurden aus den höchsten Kreisen der Patrizierfamilien ausgewählt und bewachten das symbolträchtige Herdfeuer sowie die wichtigsten Kultgegenstände der Stadt Rom und damit das Wohlergehen des gesamten Volkes. Unter Kaiser Elagabal, der den gleichnamigen orientalischen Sonnengott zur obersten Gottheit erklärte, wurden die bisherigen Kulttraditionen zum Entsetzen der Römer außer Kraft gesetzt und unter anderem das so genannte Palladium, das uralte Kultbild der Göttin Athena aus Troja, aus der Obhut der Vesta in den Tempel des neuen Staatsgottes überführt. Elagabals Nachfolger Severus Alexander, aus dessen Regierungszeit der hier gezeigte Denar stammt, machte die verhassten Maßnahmen seines Vorgängers wieder rückgängig und gab der Göttin Vesta ihre alte Bedeutung und Funktion zurück. Aus diesem Grund ist es verständlich, dass Julia Mamaea, die Mutter des neuen Kaisers, diese für das römische Volk so wichtige Gottheit auf ihren Münzen darstellen ließ. Sie und ihr Sohn Severus Alexander stammten aus Syrien, weshalb die Betonung alter römischer Traditionen zur Legitimation der ausländischen Herrscherdynastie diente.
[Sonja Hommen]