1937 konnten die Lehengerichter jubeln. Endlich hatten sie ein neues Rathaus. Das Schild am Eingang verkündete stolz, wer hier der neue Hausherr war – und das mitten im Nachbarstädtchen Schiltach: Einzigartig in Deutschland befand sich der „Regierungssitz“ nicht in der eigenen Gemeinde.
Die 900 Einwohner Lehengerichts verteilten und verteilen sich auf eine große Fläche. Neben mehreren Siedlungskernen kennzeichnet die Gemeinde eine Vielzahl an Einzelhöfen. Am leichtesten ist für alle Dorfbewohner das zentral gelegene Schiltach zu erreichen. Dorthin gehen sie ohnehin regelmäßig. Neben Märkten und anderen Veranstaltungen besuchen sie auch die evangelische Kirche, die trotz der Unabhängigkeit Lehengerichts von 1817 die Protestanten der Gemeinde weiter mit betreut. Kirche und Lehengerichter Rathaus standen sich im Schiltacher Vorstädtle so direkt gegenüber.
Nach zähen Verhandlungen machte Bürgermeister Wilhelm Bühler 1937 den Ankauf des Gebäudes an der Schiltacher Hauptstraße perfekt. Das neue Haus war Stein gewordener Beweis für die selbstbewusste Eigenständigkeit der Lehengerichter.
Noch weitere Jahrzehnte zeigte das Schild die Eigenständigkeit Lehengerichts an. Als letzter Bürgermeister amtierte im Lehengerichter Rathaus bis 1974 Gustav Kramer. Dann brachte Baden-Württembergs Kommunalreform die Rückkehr Lehengerichts nach Schiltach.