Mit ihrem weiblichen Kosmos aus drallen fröhlich-bunten Polyesterskulpturen - den "Nanas" - die Niki de Saint Phalle als "Vorboten eines neuen matriarchalischen Zeitalters" kreierte, schuf die Künstlerin aus New York einen alternativen Lebensentwurf. Weibliche Chiffren werden bei "La Moyenne Waldaff" vor allem durch den ausladenden Rock und die Dominanz der Brüste betont. Der Kopf hingegen ist ins Nebensächliche geschrumpft. Derartige Figuren von Niki de Saint Phalle stehen in der Tradition von vor- und frühgeschichtlichen Darstellungen der Magna Mater, der lebenspendenden Göttin der Fruchtbarkeit alter matriarchalischer Kulturen. Saint Phalles Kindheit und Jugend waren geprägt von einer strengen katholischen Erziehung mit all ihren Zwängen und Restriktionen. Nach einem psychischen Zusammenbruch 1953 begann sie sich der Kunst zu widmen. Durch ihre Bekanntschaft mit Jean Tinguely kam Niki de Saint Phalle um 1960 in den Umkreis der "Nouveaux Réalistes". Zu dieser Zeit entstanden ihre "Schießbilder": weiße Gipsreliefs, unter deren Wölbungen sich kleine Farbbeutel verbargen. Der Inhalt der Kapseln ergoss sich über den Gips, wenn man darauf schoss. Die Figuration war dem Zufall überlassen, die befreite Farbe folgte ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Saint Phalles Schießbilder sind als ein Akt der Befreiung von äußeren Zwängen autobiografisch zu interpretieren. Nach diesem Befreiungsschlag war sie frei für ihre nächste Aktion: die "Nanas". Unter dem Motto "Nana Power" sollten sich diese üppigen Frauen in der Welt behaupten und sie besser machen.
Stiftung Sammlung Kurt Fried