Der Maler und Bildhauer Rainer Fetting repräsentiert eine Generation von Künstlern, die die Wiederbelebung malerischer und gleichzeitig gegenständlicher Ausdrucksformen seit dem Ende der 60er Jahre fortsetzten. In Berlin gehörte Fetting einer Gruppe an, die man wegen ihrer expressiven und kraftvollen Malweise die "Jungen Wilden" nannte. Zusammen mit Helmut Middendorf, Salome und Bernd Zimmer gründete der Maler 1977 die Galerie am Moritzplatz in Berlin. Das Gemälde "Ausblick vom Moritzplatz" zeigt diesen Ausblick aus Fettings Atelier auf die Heinrich-Heine-Straße bei Nacht, dem alten Grenzübergang zwischen Ost- und Westberlin. Beim Betrachten des Bildes fällt der sich rechts befindliche große Häuserblock auf, im Hintergrund ist der Grenzübergang und in der Ferne sogar der Fernsehturm auf dem Alexanderplatz zu sehen. Das Bild zeigt eine der frühen Stadtansichten Fettings. Besonders wichtig für die Kunst der "Jungen Wilden" war eine atmosphärische Spannung, die das Lebensgefühl der Künstler zu durchdringen vermochte. Besonders bot sich dafür die geteilte Stadt Berlin an. Fetting selbst lebte direkt an der Mauer; für ihn war die eigentlich beklemmende Aussicht und die Präsenz von Politik und Geschichte Inspiration für seine Kunst. Typisch für die Bilder von Rainer Fetting sind die Farbwirkung und der expressive Pinselzug. Ziel war die Zuspitzung des Ausdrucks, der sich durch Fettings emotionale Verbundenheit mit der Lebensumgebung manifestierte. Die Malerei der "Jungen Wilden" zeigt somit einen deutlichen Einfluss des Deutschen Expressionismus und seiner Wegbereiter. Sie ist als eine authentische Äußerung zur Situation der Nach-Moderne zu verstehen.
Bez. unten Mitte "Ostberlin [19]78"
Stiftung Sammlung Kurt Fried