Die römische Frau sollte idealerweise sittsam sein, in einmaliger keuscher Ehe leben und jegliche Ausschweifungen vermeiden, doch entsprach dies nicht unbedingt der Realität, wie man von antiken Autoren weiß. Umso wichtiger war es daher, dass die Frauen des Kaiserhauses hier eine Vorbildfunktion erfüllten und diese durch die Darstellung der Pudicitia, der Personifikation der ehelichen Keuschheit, auf ihren Münzen verbreiteten. Der typische Verschleierungsgestus der Pudicitia, wie auch auf diesem Denar für Julia Maesa zu erkennen, verweist gleichzeitig auf die sich verhüllende Sittsamkeit wie auch auf den Schleier der Braut als Symbol des Ehestandes. Dieses Motiv scheint passend für Julia Maesa ausgewählt, eine Schwester der zur Zeit dieser Prägung bereits verstorbenen Kaiserin Julia Domna und Großmutter des regierenden Kaisers Elagabal, da ihr ein mäßigender Einfluss auf ihren ausschweifenden Enkel nachgesagt wurde und sie als ältere römische Matrone über jeden Verdacht der Unsittlichkeit erhaben war. Allerdings gehörten Bescheidenheit und Zurückhaltung offenbar nicht zu ihren Tugenden, da sie an Aufstieg und Fall mehrerer Kaiser, unter anderem ihres Enkels Elagabal, aktiv beteiligt gewesen sein soll.
[Sonja Hommen]