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Landesmuseum Württemberg Kunstkammer der Herzöge von Württemberg

Kunstkammer der Herzöge von Württemberg

Die Kunstkammer der Herzöge von Württemberg gehört mit mehr als 3.000 erhaltenen Objekten zu den bedeutendsten historischen Kunstkammern Europas und zeichnet sich durch eine besonders dichte Überlieferung aus. Erstmals wird die Kunstkammer in der Regierungszeit Herzog Friedrichs I. (1593-1608) erwähnt. Bis heute zählt sie zu den wichtigsten Kernbeständen des Landesmuseums und ist das Herzstück des Hauses.
Neben kostbaren kunsthandwerklichen Arbeiten aus seltenen Materialien umfasst die Sammlung Exotica, die aus fernen Ländern nach Europa importiert wurden, und eine Fülle an kuriosen Dingen, ausgestopften Tieren, magischen Gegenständen, Bronzen, Uhren, Miniaturen, Modellen von Arbeitsgeräten und vieles mehr. In dieser Vielfalt stellt die Kunstkammer eine Enzyklopädie von Objekten dar, in der alle Bereiche der Welt, von Menschen Geschaffenes ebenso wie Zeugnisse der Natur, vertreten sein sollten.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte 2012 bis 2015 das Projekt zur Erforschung von Bestand, Geschichte und Kontext der württembergischen Kunstkammer, dessen Forschungsergebnisse in einer mehrteiligen Buchpublikation sowie hier online der Öffentlichkeit und der Wissenschaft zugänglich gemacht werden.

[ 3958 Objekte ]

Eine durchbrochene Dose aus Elfenbein aus einem Set, Anfang 17. Jahrhundert

Die beiden nahezu identischen Dosen bestehen aus einem unteren zylindrischen Dosengefäß, das durch filigrane Elfenbeinschnitzereien vielfach durchbrochen ist, und einem weiteren zylindrischen, kleineren, ebenfalls von floraler Ornamentik durchbrochenen Aufsatz. Vier außen angebrachte Volutenfüße sind Schmuckornament, Griffe und Füßchen zugleich. Die Einträge in den Inventaren der Kunstkammer machen deutlich, dass die beiden Elfenbeindosen als kunstvolle Verschmelzung von Drechsel- und Schnitzkunst verehrt und bewahrt wurden. Besondere Wertschätzung erfuhr dabei der Polyeder auf dem Deckel des oberen Zylinders, der sich leider nicht erhalten hat. Die Dosen unterscheiden vor allem durch die Formen im Muster des unteren Dosenteils, hier handelt es sich um das etwas kleinere Exemplar. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Kameo mit Alexander als Herkules, 17./18. Jh.

Der hochovale Ringstein aus Knochen oder fossilem Holz ist in einem Ring gefasst und zeigt das Porträt eines unbärtigen Mannes im Profil. Das Gesicht des Dargestellten ist rund, die Haare sind lockig. Der Löwenskalp bedeckt den Hinterkopf des Mannes, das Maul ist weit aufgerissen. Unterhalb des Kinns sind die Tatzen zu einem Knoten zusammen gebunden. Die Frisur und die allgemeine Physiognomie erinnern an Alexander den Großen (356-323 v. Chr.). Er führte seinen Stammbaum auf Herkules zurück und ließ sich auf Münzen mit einem Löwenskalp darstellen. Andererseits konnte aber auch Herakles die Physiognomie Alexanders annehmen. Das vorliegende Objekt wurde „den 5. Nov. 1830. an d. Kunstkab. übergeben“. Es gehört einer Sammlung von 40 Gemmenringen an, die Königin Charlotte Mathilde (1766-1828) testamentarisch der Kunstkammer vermacht hatte. [Marc Kähler]

Kokosnussdeckelpokal in silbervergoldeter Fassung, 1688

Der Deckelpokal besteht aus einer echten, in vergoldeten Silberbändern gefassten Kokosnuss auf einem Schaft, der die Form einer antikisch gekleideten Frau hat, die die Nuss auf ihrem Kopf balanciert. Auf dem Deckel, in den ebenfalls ein Stück Kokosnuss eingearbeitet ist, steht eine Kriegerfigur mit Lanze und Schild. In vielen Kunstkammern Europas finden sich Kokosnusspokale dieser Art, denn das fürstliche Interesse sowohl an der exotischen Ware Kokosnuss, als auch an kunstvoller Verarbeitung edler Materialen, war groß. Im Verständnis des 17. Jahrhunderts galt die Kokosnuss als ein Kunstwerk der Natur, die durch kostbare Goldschmiedearbeit nochmals aufgewertet wurde. Dieser Pokal stellt damit ein Gesamtkunstwerk aus kunsthandwerklichem Geschick des Menschen und wundersamer Kunst der Natur dar. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Intaglio mit Adler, 2./3. Jh. n. Chr.

Der rundovale Ringstein aus einem hellorangen Karneol ist in einem Goldring gefasst. Der Ring ist dünn und hat eine hochovale und oben gekehlte Reifenfassung. Dargestellt ist ein auf einer kurzen Grundlinie sitzender Adler nach links. Der Vogel ist gut proportioniert, das Gefieder des Rumpfes ist nur durch wenige Querstriche angegeben, Beine und Schwanz sind nicht ganz stimmig. Das vorliegende Stück wurde zunächst in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert. Aus römischer Zeit haben sich zahlreiche sehr ähnliche Adlergemmen erhalten, so dass auch das vorliegende Stück aus dem zweiten bis dritten Jahrhundert n. Chr. stammt. Das vorliegende Objekt wurde „den 5. Nov. 1830. an d. Kunstkab. übergeben“. Es gehört einer Sammlung von 40 Gemmenringen an, die Königin Charlotte Mathilde (1766-1828) testamentarisch der Kunstkammer vermacht hatte. [Marc Kähler]

Salzfässchen aus Elfenbein eines Sets, um 1600

Die beiden nahezu identischen Salzfässchen aus Elfenbein bestehen aus einem runden, profilierten Sockel mit fünf gedrehten Säulen und eingestellten, frei stehenden Balustern. Diese sind horizontal fein eingesägt und vermitteln dadurch den Eindruck eines Bäumchens oder Pinienzapfens. In der Mitte strebt eine kleine Schmuckspitze nach oben. Auf dem Deckel befindet sich eine Mulde zur Aufnahme des Salzes. Aufwändig gestaltete Salzgefäße spielten in der Tafelkultur des 16. und 17. Jahrhunderts eine große Rolle, denn die kostbaren Gewürze und Salz sollten angemessen präsentiert werden. Solche Stücke waren zwar Bestandteil der Kunstkammer, wurden aber zu Festbanketten verwendet. Damit zeigt sich hier sehr schön die Verschränkung von Repräsentation in der Kunstkammer und allgemein bei Hofe. Hier handelt es sich um das etwas größere Exemplar. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Intaglio mit dem Nationaltheater München, um 1825

Der querrechteckige Schmuckstein aus Karneol das 1818 eröffnete Königliche Hof- und Nationaltheater in München. Vor dem zweigeschossigen Hauptbau steht eine große Vorhalle mit sechs korinthischen Säulen, die ein dreieckigen Giebel tagen. In dem Giebelfeld ist eine Leier dargestellt. Über dem Hauptbau erhebt sich das Bühnengebäude. Laut dem Kunstkammerhauptbuch soll dieses Stück von dem Hofgraveur Philipp Hirsch (geb. 1794) stammen und ein Geschenk des – vermutlich Marbacher – Schillervereins (gegründet 1835) sein. Das Hof- und Nationaltheater in unmittelbarer Nähe der Münchner Residenz wurde von 1811 bis 1818 nach den Plänen des Architekten Karl von Fischer (1782-1820) errichtet und in der Folge mehrfach umgebaut. 1825 wurde die Säulenhalle durch Leo von Klenze (1784-1864) hinzugefügt. [Marc Kähler]

Ein Salzfässchen mit Miniaturschloss aus einem Set, 1. Hälfte 17. Jahrhundert

Die beiden Salzfässchen bestehen aus einem runden Unterbau, der von sechs außen angebrachten Volutenfüßen getragen wird, welche Schmuckornamente, Griffe und Füßchen zugleich sind. Zwischen diesen ragen ebenfalls sechs kunstvoll durchbrochene Maßwerkpfeiler auf, die oben eine Deckelplatte tragen, in die das flache Salzschälchen eingelegt ist. Im mittleren Zwischenraum befindet sich jeweils ein Miniaturschlösschen, das nach mittelalterlichen Vorbildern phantasievoll stilisiert wurde. Salzfässchen waren im 16. und 17. Jahrhunderts beliebte Repräsentations- und Sammelobjekte, zumal sie auch eine Doppelrolle spielten: zum einen fanden sie direkt auf der höfischen Tafel Verwendung und zum anderen sollten sie als Objekte der Kunstkammer innerhalb der Sammlung repräsentativ den Ruhm des Fürsten mehren. Dieses Exemplar ist das etwas größere. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Fehlguss Frau mit Kind

Der unregelmäßig geformte violette Glasfluss zeigt in einem hochrechteckigen Bildfeld eine Frau in einem langen hochgegürteten Gewand und rechts ein unbekleidetes Kind. Beide wenden sich nach rechts. Die Frau hat eine Hand erhoben und blickt auf das Kind. Das Kind hat den linken Arm über den Kopf und den rechten vor dem Körper erhoben. Die Darstellung ist nur schwer erkennbar, die Vorlage scheint aber recht qualitätvoll gewesen sein. Anscheinend handelt es sich hierbei um einen missglückten Versuch eines Glasabdrucks. Ziel sollte wohl das rechteckige Bildfeld sein, man ließ jedoch auch den Gußrand stehen. [Marc Kähler]

Schachfiguren aus Bernstein

Das Schachspiel besteht aus gedrechselten Schachfiguren, von denen jeweils die eine Figurengruppe aus milchig-gelbem, die andere aus rötlich-durchscheinendem Bernstein, dem „Gold des Meeres“, gearbeitet ist. Während die Bauern einfach gehalten sind, sind König, Königin und Läufer detailreich geschnitzt und mit kleinen Attributen aus Elfenbein ausgestattet: so tragen die Könige beider Figurengruppen ein kleines Zepter, die Königinnen eine Lilie und die Läufer einen Würfel im Arm. Schachspiele wurden in Kunstkammern einerseits aufgrund ihrer kunsthandwerklichen Wertarbeit und Materialqualität geschätzt, waren andererseits aber auch deshalb beliebt, weil sie als Sinnbild für friedlich-spielerische Konflikte den Fürsten als strategisch geschickten Feldherren zeigten. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Intaglio mit Reiter, Anfang 17. Jh.

Der hochovale Schmuckstein aus Achatonyx zeigt einen Reiter auf einem sich aufbäumenden Pferd nach rechts. Das Bildfeld ist mit einer einfachen Linie eingerahmt, das Pferd bäumt sich auf und hat beide Vorderläufe erhoben. Auf dem Rücken des Pferdes sitzt ein männlicher Reiter im Profil nach rechts. Er trägt ein kurzes Untergewand, einen Brustpanzer und hohe Schaftstiefel. Hinter seinem Rücken ist ein nach links wehender Mantel wiedergegeben, der über seine linke Schulter läuft. Der Kopf des Reiters ist rundlich, seine Haare sind kurz und lockig. Mit der rechten Hand hält er die Zügel. Dieses Stück soll wohl einen antiken Feldherrn bzw. einen römischen Kaiser hoch zu Ross darstellen, auch wenn eine eindeutige Benennung nicht möglich ist. Im Inventar der Sammlung Guth von Sulz ist es als Figura Equestris beschrieben, in der Folge als Imperator. [Marc Kähler]

Intaglio mit Christus am Kreuz und auferstandenem Christus, 2. Hälfte 16. Jh.

Der hochovale und unten spitz zulaufende Schmuckstein aus Karneol ist waagerecht durchbohrt und zeigt auf der Vorderseite eine Kreuzigungsszene, auf der Rückseite den auferstandenen Jesus. Das Kreuz steht auf einem Felsengrund, links steht Maria, rechts Johannes. Christus trägt einen Lendenschurz, seine Beine sind nach links angewinkelt. Sein Kopf ist nach links unten geneigt, er trägt einen Bart und langes Haar. Auf der Rückseite ist ein nach links schreitender Christus dargestellt. Er trägt einen Lendenschurz und einen Mantel, der im Wind flattert. Die rechte Hand hat er im Segensgestus erhoben, mit der Linken hält ein einen langen Kreuzstab, an dem ein schmales Kreuzbanner weht. Beide Szenen sind äußerst beliebte Gemmenmotive des 16./17. Jahrhunderts und finden sich in den Beständen der Stuttgarter Kunstkammer häufiger. [Marc Kähler]

Vorlege- und Tranchierbesteckset mit Griffen aus Bernstein und Elfenbein, Ende...

Das Vorschneiden oder Tranchieren war ein ehrenvolles Amt, das von jungen Adeligen ausgeübt wurde und wie das Reiten, Fechten und Tanzen zum Ausbildungskanon bei Hofe gehörte. Außerdem wurde gefordert, dass er ein „schöner, wacker, gerader, fröhlicher, junger Mann seyn, in Kleidung sol er stadtlich, musterlich, zierlich und herrlich tragen.“ Das Vorlage- und Tranchierbesteck ist kunstvoll mit verzierten Griffen aus Elfenbein und Bernstein gearbeitet. In vielen europäischen Sammlungen vertreten, zeugen solche Bestecke von der großen Rolle des Vorschneidens und Vorlegens innerhalb der höfischen Tafelkultur. Doch waren Bestecke mit Elfenbein oder Bernstein nicht nur kostbar, sondern organische Materialien wie diese galten auch als giftabwehrend und machen sie in diesem doppelten Nutzen besonders wertvoll auch für die Kunstkammer. Hier handelt es sich um ein Weidblatt aus dem Set. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Intaglio mit weiblichem Porträt, 18. Jahrhundert

Der hochovale Ringstein aus violettem Rubinglas zeigt ein weibliches Porträt im Profil nach links. Die Dargestellte trägt ein ärmelloses Gewand, das auf der Brust in lockeren Falten liegt. Sie hat einen langen, dünnen Hals und ein eckiges Gesicht. Die Haare sind auf der Stirn gescheitelt und laufen in breiten Wellen nach hinten. Am Hinterkopf liegen sie eng an, im Nacken weisen sie vom Kopf weg. Drei Strähnen fallen auf den Hals, zwei weitere befinden sich vor dem Kinn. Das Stück ist ein recht guter Abdruck nach einer qualitätvollen Arbeit. Es gibt allerdings einige Luftbläschen. Die Vorlage findet sich bei Lippert. Derartige Frauenbildnisse mit langen wehenden Haaren werden – ergänzt um Schlange oder Dolch – öfters für Darstellungen der Kleopatra bzw. Lucretia genutzt. [Marc Kähler]

Zehnerrosenkranz aus Elfenbein

Der Rosenkranz besteht aus zehn polygonen Gliedern als durchbrochenen Kugeln, die auf einer Schnur aufgefädelt sind. Den Abschluss bildet ein mehrgliedriges Kreuz mit einem Ring, der sowohl als Griff, als auch als Befestigungsöse dient. Bei den so genannten Contrefaitkugeln handelt es sich um mehrere ineinander steckende Kugeln in einem Stück, was eine charakteristische Erfindung der Kunstdrechselei darstellt. Contrefaitkugeln wie auch Rosenkränze waren beliebte Objekte fürstlicher Sammlungen, so dass hier der Schluss nahe liegt, dass dieses Stück speziell für die Kunstkammer angefertigt wurde. Gerade die Verbindung aus exotischem Elfenbein, feinster Drechselarbeit und in der Verwendung als Rosenkranz machten das Stück also besonders reizvoll für die herzogliche Kunstkammer. [Marlene Barth/Maaike van Rijn]

Intaglio mit Handwerker (Vulcanus?), 1. Hälfte 16. Jh.

Der hochovale Schmuckstein aus Lapislazuli zeigt einen auf einem Hocker sitzenden Schmied. Der nackte Mann hat lange Extremitäten und einen kleinen Kopf. Mit der Rechten hält er einen Gegenstand (einen Flügel?), in der linken Hand hält er einen kleinen Hammer über den Kopf. Vor ihm steht ein Amboss auf einer runden Basis. Vor seinem Kopf ist ein fliegendes Insekt (Schmetterling?) dargestellt. Der erhobene rechte Arm und der Hammer sind aus Platzmangel zu klein geraten. Die Darstellung zeigt einen Schmied bei der Arbeit, höchstwahrscheinlich ist hiermit Vulcanus, der Gott der Schmiedekunst gemeint ist. Ein identisches Stück befand sich in der berühmten Sammlung des Nürnberger Paulus Praun (1548-1616), die bald nach 1797 verkauft wurde. Unser Stück wurde jedoch bereits um 1735 bei Hofprediger Jüngst angekauft und ist in der Folge in zahlreichen Inventaren erwähnt. [Marc Kähler]

Doppelbecher aus Maserholz, süddeutsch, 2. Hälfte 15. Jahrhundert

Der außergewöhnlich große Doppelbecher gehörte zu einer Gruppe von Maserholz-Trinkgefäßen in der Württembergischen Kunstkammer. Mit der aufwändigen Silberfassung und den auf Jesus bzw. Maria bezogenen Inschriften zählt vorliegendes Exemplar zu den repräsentativsten spätmittelalterlichen Dupplet. Diese bestehen aus zwei bauchigen Bechern, von denen der kleinere als Deckel des größeren fungiert. Aufgrund der Verwendung eines Werkstoffes, dem besondere Wirkkraft zugeschrieben wurde, sowie der Verbindung des reizvollen Naturmaterials mit meisterhafter Drechsel- und Goldschmiedekunst wurde dieser Doppelkopf auch in nachmittelalterlicher Zeit geschätzt und war für die Aufnahme in eine Kunstkammer prädestiniert. [Ingrid-Sybille Hoffmann]

Intaglio mit Stehendem (Aeskulap?), 16./17. Jh.

Der hochovale Schmuckstein aus hellviolettem Amethyst ist in einer hochovalen Reifenfassung mit Krallen und einer Öse als Anhänger gefasst und zeigt eine auf einer kurzen Grundlinie stehende männliche Figur nach rechts. Der Oberkörper ist leicht nach hinten geneigt, das rechte Bein ist leicht zurückgenommen. Der Dargestellte hat einen Mantel um seine Oberschenkel geschlungen, dessen Ende er mit der herab genommenen rechten Hand greift. Mit der vorgenommenen Linken hält er einen Stab, der mit einigen Querstrichen verziert ist (Schlangenstab?). Die Figur ist unbärtig, schaut nach rechts und hat kurze struppige Haare. Das Bild ist nicht mit letzter Sicherheit zu deuten. Sollten die kurzen Querstriche an dem Stab tatsächlich eine Schlange meinen, wäre hier ein unbärtiger, jugendlicher Aeskulap dargestellt. [Marc Kähler]

Medaille auf die Liebe von Anton Meybusch, 2. Hälfte 17. Jahrhundert

Anton Meybusch fertigte nicht nur Medaillen auf historische Ereignisse oder Herrscher, sondern auch Medaillen, die bei privaten Anlässen, wie einer Hochzeit, verschenkt wurden. Wie diese auf die Liebe: Auf der Vorderseite wendet sich ein Jüngling, der in der linken Hand einen Lorbeerzweig hält, sich einem jungen Mädchen zu. Dieses schlingt in Leidenschaft entbrannt ihre Arme um ihn und will ihn küssen. Beide sind nackt, nur notdürftig von Stoffbahnen umhüllt. Zu den Füßen des Liebespaares befindet sich ein Schlangennest, Sinnbild für Neid uns Bosheit, welche die Liebe bedrohen können. Die Umschrift STETS LIEBEN HELT DEN FRIEDE wird auf der Rückseite fortgesetzt: EINTRÄCHTIGKEIT MACHT LIEBE. Sie unterstreicht den moralischen Aspekt der Medaille. Auf dem Revers sind zwei flammende Herzen eingerahmt von einem Ring dargestellt. Oben mittig steht in einem Strahlenkranz in hebräischen Buchstaben, darunter weichen zwei Wolken rechts und links aus dem Bild. Die helle und strahlende Liebe Gottes segnet die Liebenden. [Lilian Groß]

Kameo mit Theatermaske, 16./17. Jh.

Der hochovale Schmuckstein aus einem hellvioletten Amethyst zeigt eine komische Theatermaske in einem leichten Profil nach rechts. Die Maske ist nahezu oval, sie hat eine Stirnglatze mit zwei gebogenen Falten und einen Haaransatz über dem Ohr. Die Augenbrauen sind sehr weit hochgezogen und enden kurz über der kleinen breiten. Die mandelförmigen Augen liegen quer im Gesicht, die Lider sind durch je zwei Striche gestaltet. Der sehr große Mund ist in der für komische Theatermasken typischen Weise geöffnet und dominiert das Gesichtsfeld. Der Rand der Maske ist unter dem Ohr mit Zickzacklinien angedeutet. Antike Kameen mit Theatermasken in Dreiviertelvorderansicht sind zwar bekannt, jedoch nicht aus Amethyst. Unser Stück stammt aus der Sammlung Guth von Sulz und ist in deren Inventar als „Scheuzliches gesicht, mit einem wijtten maul“ beschrieben. [Marc Kähler]

Standfigur eines Bärtigen, sog. Wildberger Mann

Die vollplastisch ausgearbeitete Standfigur, die 1698 in Wildberg (Lkr. Calw) aufgefunden wurde, stellt einen bärtigen Mann mit langen Zöpfen in einem bodenlangen Gewand dar. Die kunst- bzw. kulturhistorische Einordnung der Skulptur gibt bis heute Rätsel auf. Während aufgrund von verwandten Werken eine Zuordnung zur romanischen Kunst plausibel erscheint, finden sich für die Rekonstruktion des ursprünglichen Verwendungskontextes und die Deutung kaum Anknüpfungspunkte. Die Kunstkammerinventare verzeichnen das Standbild unter den "Antique Röm.: Altar, Gedächtnuß und Bild Steine[n]". In den Einträgen scheint nicht nur Unverständnis, sondern auch eine negative Bewertung der Ästhetik des Bildwerkes auf. [Ingrid-Sibylle Hoffmann]

Kameo mit Silen, 16.-Anfang 17. Jh.

Der achteckige Schmuckstein aus Sardonyx zeigt ein bärtiges Porträt im Profil nach rechts. Der Dargestellte trägt ein Gewand, dessen Falten über seine rechte Schulter laufen. Der Kopf ist rund, der Hals wirkt gedrungen. Er hat einen langen Bart und eine Glatze oder zumindest eine Stirnglatze, die Nase ist klein und rund, das kleine Auge ist mandelförmig. Das Ohr ist nur undeutlich zu erkennen. Quer über den Schädel läuft eine Ranke aus lanzettförmigen Blätter (Efeu?). Auch wenn die Form des Ohres (rund oder spitz) nicht eindeutig zu bestimmen ist, weist die Blattranke doch in die dionysische Sphäre. Höchstwahrscheinlich ist hier ein alter Satyr oder Papposilen dargestellt. Im Inventar der Sammlung Guth von Sulz ist unser Stück als „Effigies Socratis“ beschrieben. [Marc Kähler]

Ein Kalvarienberg en miniature, Ende 15. Jahrhundert

Der Glaszylinder birgt die filigrane Elfenbeinschnitzerei einer Kreuzigungsszene mit zahlreichen Figuren. Der kleine Andachtsgegenstand kann als Anhänger am Körper getragen werden und ebenso stehend der Betrachtung dienen. Die Miniatur des Kalvarienbergs lässt sich erstmals unter den Kleinodien der Kunstkammer nachweisen, die Herzogin Barbara Sophia (1584–1636) während des Dreißigjährigen Krieges in ihr Exil nach Straßburg mit sich führte und dadurch vor den Plünderungen bewahrte. Ihr Sohn Herzog Eberhard (reg. 1628–1674) übergab das Kleinod 1669 wieder an die Kunstkammer, wo es wegen der filigranen Bearbeitung des hochgeschätzten Elfenbeins als bewunderungswürdige Miniatur wahrgenommen wurde. [Carola Fey]

Kameo mit Kindergesicht, 16./17. Jh.

Der hochovale Schmuckstein aus Amethyst zeigt das Porträt eines Kindes im Dreiviertelprofil nach rechts. Das Kind trägt einen Mantel, der die Schulter freilässt und quer über die Brust läuft. Das Gesicht ist rundlich, das Kinn ist klein, die rechte Wange ist recht groß. Mund und Nase sind klein, die Lippen sind füllig. Die kleinen Augen sind mandelförmig und von schweren, fleischigen Lidern umgeben. Das Kind hat kurze lockige Haare, die Frisur besteht aus einzelnen, eingedrehten Schneckenhauslöckchen. Eine derbe und grobe Arbeit, die perspektivische Verkürzung der linken Gesichtshälfte ist nicht gelungen. [Marc Kähler]

Schwert mit Medaillon am Griff, 1. Viertel 16. Jahrhundert

Auffällig an diesem Schwert ist der kunstvoll gearbeitete Griff: Einlegearbeiten aus Bein und Schildplatt zieren die eine Seite, während auf der anderen - in Brandzeichnung - eine Frau in bürgerlicher Kleidung des 16. Jahrhunderts dargestellt ist. Der runde flache Knauf ist nach einer Medaille des Augsburger Künstlers Hans Schwarz` gestaltet. Auf der Vorderseite ist ein kostbar gekleidetes Paar als Hüftporträt wiedergegeben. Die Frau im Vordergrund berührt mit den Fingern der rechten Hand ihre linke, wobei der Zeigefinger überlang geformt ist. Der Mann wird von ihr halb verdeckt, er ist mit einem Wams und einem Barett bekleidet. Auf der Rückseite krönt Apollo vor einer Meeresszenerie Neptun und Merkur. Es gibt zwei mögliche Deutungen des Paares: Aufgrund des Zeigegestus (computatio digitalis) der Frau könnte es sich um einen Propheten und eine Sibylle handeln. In Zusammenhang mit der Darstellung der Rückseite ist auch denkbar, dass ein Ehepaar aus dem Hause Fugger dargestellt ist. Schwarz fertigte 1518 eine Medaille, deren Vorderseite Jakob Fugger zeigt, die Rückseite ist die gleiche wie hier. Warum die Allegorie auf den Handel und Reichtum des Hauses Fugger bei diesem Medaillon des Schwertknaufes als Rückseite verwendet wurde, bleibt unklar. [Lilian Groß]

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