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Landesmuseum Württemberg Kunstkammer der Herzöge von Württemberg

Kunstkammer der Herzöge von Württemberg

Die Kunstkammer der Herzöge von Württemberg gehört mit mehr als 3.000 erhaltenen Objekten zu den bedeutendsten historischen Kunstkammern Europas und zeichnet sich durch eine besonders dichte Überlieferung aus. Erstmals wird die Kunstkammer in der Regierungszeit Herzog Friedrichs I. (1593-1608) erwähnt. Bis heute zählt sie zu den wichtigsten Kernbeständen des Landesmuseums und ist das Herzstück des Hauses.
Neben kostbaren kunsthandwerklichen Arbeiten aus seltenen Materialien umfasst die Sammlung Exotica, die aus fernen Ländern nach Europa importiert wurden, und eine Fülle an kuriosen Dingen, ausgestopften Tieren, magischen Gegenständen, Bronzen, Uhren, Miniaturen, Modellen von Arbeitsgeräten und vieles mehr. In dieser Vielfalt stellt die Kunstkammer eine Enzyklopädie von Objekten dar, in der alle Bereiche der Welt, von Menschen Geschaffenes ebenso wie Zeugnisse der Natur, vertreten sein sollten.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte 2012 bis 2015 das Projekt zur Erforschung von Bestand, Geschichte und Kontext der württembergischen Kunstkammer, dessen Forschungsergebnisse in einer mehrteiligen Buchpublikation sowie hier online der Öffentlichkeit und der Wissenschaft zugänglich gemacht werden.

[ 3958 Objekte ]

Schrittzähler in Taschenuhrenform, um 1600

Schrittzähler gehörten im 17. Jahrhundert zu den effektivsten Werkzeugen, um eine tatsächliche Wegstrecke – und nicht die Luftlinie – zwischen zwei Orten zu ermitteln. Hierzu wurde das Instrument mit einer Zugverbindung am Bein befestigt und die Anzahl der zurückgelegten Schritte über das Zählwerk auf die mit zwei Zeigern versehene Skala übertragen. Der äußere Ring gibt die Schritte im Zahlenraum von eins bis 100 an, der innere von 1000 bis 12000 in Hunderterschritten. Geht man von der heutigen durchschnittlichen Schrittlänge von 60 cm aus konnte so eine Distanz von ca. 7,2 km gemessen werden. [Irmgard Müsch]

Intaglio mit Jupiter oder Herkules und Amor, 2. Viertel 16. Jh.

Der hochovale Schmuckstein aus hellgrünem Chromchalcedon zeigt zwei Figuren auf einer Grundlinie. Die rechte bärtige Figur sitzt auf einem nicht dargestellten Sitz. Sie ist bis auf ein Gewand mit rundlichen Enden unbekleidet, das über die rechte Schulter auf den Sitz fällt. Das linke Bein hat sie angewinkelt, mit der linken Hand stützt sich die Figur auf dem Sitz ab, in der erhoben Rechten hält sie eine Kugel. Links vor der Figur steht ein kleiner Amor. Der Körper ist sehr füllig, am Rücken erscheint ein kleiner Flügel. Mit der vorgestreckten linken Hand berührt der Amor den Oberschenkel der rechten Figur, die Rechte ist erhoben. Sollte sich das Gewand als Löwenfell erweisen, wären hier Herkules und Amor dargestellt. Das Stück wurde um 1735 bei dem Hofprediger Jüngst als „Ein sitzender jupiter, wie er dem Cupidini das regiment übergibt“ angekauft. [Marc Kähler]

Terrestrisches Auszugsfernrohr, vor 1650

Das mit Samt bezogene Fernrohr zählt zu den ältesten erhaltenen Teleskopen der Welt. Die im Durchmesser gleichbleibende zylindrische Form, die Bearbeitungsweise der Linsen und die zur Stabilisierung des Inneren verwendeten Schriftstücke – eines der lesbaren Fragmente lässt sich auf das Druckdatum 1632 datieren – lassen auf eine Herstellung vor 1650 schließen. Sind alle Tuben des Fernrohrs ausgezogen, beträgt die Länge ca. 2,2 Meter. Das Sichtfeld ist auf Grund der Konstruktion als sogenanntes Galileisches Fernrohr zwar klein, dafür aber aufrecht und seitenrichtig. Die Gestaltung mit Samt und Silberbesatz hebt die Besonderheit des frühen Fernrohrs hervor. [Irmgard Müsch]

Intaglio mit Erzengel Michael, 16. Jahrhundert

Der hochovale Schmuckstein aus einem mehrfarbigen Jaspis zeigt den frontal auf einer flachen Felsenlandschaft stehenden Erzengel Michael. Er trägt ein kurzes Untergewand und darüber einen Brustpanzer. In der gesenkten rechten Hand hält er eine Waage mit zwei halbrunden Waageschalen, in der erhoben Linken hält er einen kurzen Speer. Seine großen Flügel sind zu beiden Seiten ausgebreitet. Er blickt nach links, ist unbärtig und trägt einen Helm mit langer Krempe. Hinter seinen Füßen liegt auf der Landschaft eine unbekleidete Figur mit einem kleinen Kopf mit zwei langen dünnen Hörnen, sie trägt einen Bart. In ihrem Körper steckt ein Speer. Die recht gute und saubere Arbeit orientiert sich in der strengen Frontalität an byzantinischen Vorbildern. Allerdings ist dieser Typus auch im Westen geläufig. In dem besiegten Liegenden ist wohl Satan bzw. ein Dämon zu erkennen. [Marc Kähler]

Zwei terrestrische Auszugsfernrohre, um 1730

Die beiden terrestrischen Auszugsfernrohre aus den Beständen der Stuttgarter Kunstkammer stammen aus der Zeit um 1730. Im Vergleich zu älteren Beispielen ist bereits eine deutliche Vereinfachung in der Handhabung festzustellen: Die insgesamt sieben Tuben nehmen sowohl in ihrem Durchmesser ab als auch in der Gesamtlänge. Zudem ist das Sichtfeld, das durch die Fernrohre in den Blick genommen wird, deutlich vergrößert. Da die Linsenanordnung das beobachtete Objekt allerdings seitenverkehrt zeigt, verfügen die beiden Fernrohre über ein ergänzendes Bauteil: einen sogenannten terrestrischen Umkehrsatz mit weiteren Linsen. Mit diesem reduzierte sich zwar die Lichtstärke des Fernrohrs, dafür erschien das Bild aufrecht und seitenrichtig. [Irmgard Müsch]

Intaglio mit Frau mit Zweig am Altar (Pax?), Anfang 17. Jahrhundert

Der hochovale Schmuckstein aus einem mehrfarbigen Jaspis zeigt eine stehende weibliche Figur. Sie trägt ein gegürtetes Gewand mit einem schrägen Überwurf und einen Mantel, der sich rechts neben ihrem Körper aufbauscht. Der Körper ist stark geschwungen, sie blickt nach links und trägt vermutlich einen Kranz im Haar. Die linke Hand hat sie in die Hüfte gestemmt. Mit der vorgestreckten Rechten hält sie einen Zweig mit sieben Blättern über einen kleinen Rundaltar, der links vor ihr steht. Der Altar ist oben und unten profiliert, auf ihm brennt ein Feuer. Die sehr einfache und flüchtige Arbeit ist mit wenigen Schnitten gesetzt. Sie stammt aus der Sammlung Guth von Sulz und ist in dem zugehörigen Inventar beschrieben als „Figura Pacis, hallt mit der linkhen Handt ein Öllzweig yber ein Altar“. [Marc Kähler]

Erdglobus von Johann Adam Riediger, 1736

Eine gewaltige Wappenkartusche schwebt mitten im Atlantik und benennt den Hersteller dieses Erdglobus sowie das von ihm als Vorlage verwendete Kartenmaterial. Johann Anton Riedinger, der ab 1739 in Dienst des Herzogs stand, brachte den Globus vermutlich als Antrittsgeschenk mit nach Stuttgart. Oder er warb schon im Vorfeld mit diesem Prunkstück für seine Dienst. Die 36 von Hand gezeichneten, beschrifteten und bemalten Papiersegmente wurden millimetergenau in einen Glaskörper eingeklebt, was die optische Brillanz der Arbeit hervorruft. [Irmgard Müsch]

Intaglio mit sitzendem Mars, Anfang 17. Jahrhundert

Der hochovale Schmuckstein aus einem Achat zeigt eine auf einem schmalen Felsen sitzende Figur, aus dem rechts ein dünner Zweig mit neun Blättern erwächst. Die Figur ist bis auf einen Mantel unbekleidet, sie trägt einen Helm mit Helmbusch und stützt sich mit dem linken Arm auf dem Felsen ab, in der erhobenen Rechten hält sie einen leicht gebogenen Gegenstand. Links steht eine hohe schlanke Säule, an der ein Schild lehnt und im oberen Bereich ein Köcher und ein langer Ast überkreuz angebunden sind. Der sitzende Krieger, der seine Waffen abgelegt und zu einer Art Tropaion an die Säule gebunden hat, könnte als Mars identifiziert werden. Solche Sitzenden auf Felsen, aus denen ein dünnes Bäumchen wächst, sind zahlreich. Das Grundschema ist immer dasselbe, Beiwerke und Attribute erlauben vielfältige Variationen als sitzender Krieger, Mars, Apoll oder Vulcanus. [Marc Kähler]

Zylindersonnenuhr von Jakob von Heyden, 1617

Die seit dem späten Mittelalter bekannten Zylindersonnenuhren gehörten zu den beliebten Sammelobjekten in Kunstkammern. Der Holzzylinder ist mit auf Papier gedruckten Skalen beklebt, die neben den geschwungenen Stunden-, Tierkreiszeichen- und Monatslinienlinien auch figürliche Darstellungen von Tierkreiszeichen und Monatsarbeiten zeigen. Der Schattenwerfer aus Messing lässt sich in das Kopfstück einklappen. Während bei diesen Beispielen der Reiz vor allem in der besonderen Form liegt, haben sich aus anderen Kunstkammern auch Beispiele aus Gold oder Elfenbein erhalten, was für die Wertschätzung dieses speziellen Sonnenuhrtypus‘ spricht. [Irmgard Müsch]

Intaglio mit Mars, 16./17 Jahrhundert

Der hochovale Schmuckstein aus Achat zeigt eine auf einer kurzen Grundlinie stehende männliche Figur. Der Dargestellte trägt ein kurzes Untergewand und darüber einen Brustpanzer. Der Körper ist stark geschwungen, der Dargestellte ist unbärtig und trägt einen Helm mit Helmbusch. Er hält mit seiner vorgestreckten rechten Hand einen Schild, der links vor ihm auf der Grundlinie steht. Mit der erhobenen Linken hält er einen Speer. Die durchschnittliche, einfache Arbeit ist ein Erzeugnis der Massenware. Die Attribute Helm, Panzer, Speer und Schild deuten auf Mars hin, den Gott des Krieges. Im Inventar der Sammlung Guth von Sulz ist dieses Stück denn auch beschrieben als „Mars Armatus, hallt in der rechten Handt einen Schülldt, Inn der Linkhen ein Spiß“. [Marc Kähler]

Proportionalzirkel und Transporteur, 17. Jahrhundert

Transporteure waren weitverbreitete Hilfsmittel für das zeichnerische Übertragen von Winkeln und Geraden. Die Stuttgarter Exemplare fallen jedoch durch die spitze, dreieckige Form der Schenkel, die sich erst um 1730 verbreitet, auf. Diese beiden Transporteure aus der Kunstkammer der Herzöge von Württemberg sind jedoch schon um 1710 in einem Inventar nachgewiesen. Vielleicht sind sie die frühesten ihrer Art? Zudem weisen die Schenkel des größeren Transporteurs eine weitere Besonderheit auf: Die Skalen ermöglichten es, ihn auch als Proportionalzirkel zu verwenden, also als Hilfsmittel für Berechnungen. [Irmgard Müsch]

Intaglio mit sitzender Figur mit Statue, 16./17. Jahrhundert

Der hochovale Schmuckstein aus einem geschichteten Achat zeigt eine auf einem runden Sockel mit übereinander geschlagenen Beinen sitzende Figur. Sie trägt einen Mantel, der hinter ihrem Rücken herabfällt und den Unterkörper verhüllt und die Haare in einem Zopf um den Kopf gewunden Der Oberkörper ist weit vorgebeugt und unbekleidet. Die Figur balanciert in der vorgestreckten rechten Hand eine kleine Statue, die sie mit der erhoben Linken oben fixiert. Die unbekleidete männliche Statuette hält in ihren vorgestreckten Händen eine Kugel. Die durchschnittliche bis gute Arbeit ist gut proportioniert, das Bild ist ausgewogen gestaltet. Das Motiv der sitzenden Figur mit einer kleinen, geradezu tänzelnden Statue in Händen ist schwierig zu deuten. Man könnte an eine Menschengestalterin oder an Pandora denken. [Marc Kähler]

Spielstein mit Januskopf, 2. Hälfte 16. Jahrhundert

In das stark vertiefte Feld des Spielsteins ist der doppelgesichtige Gott Janus eingeschnitzt sowie am Rand die Inschrift O IANE IANE QUEM NULLA A TERGO CICONIA PINSIT - Oh Janus, Janus, den kein Storch hinter dem Rücken verhöhnt. Es handelt sich um ein Zitat aus einer Satire des römischen Dichters Persius, in der er sich über alternde Laiendichter lustig macht, die hinter ihrem Rücken vom Volk durch Spottgesten verhöhnt werden. Janus kann das nicht passieren, da er zwei Gesichter hat. Die Umsichtigkeit im wahrsten Sinne des Wortes verhindert, dass er zum Gespött wird. Die Bedeutung dieser antiken Textstelle in der Renaissance in Verbindung mit der Janusdarstellung erschließt sich aus Emblembüchern des 16. Jahrhunderts: Janus, ursprünglich der Gott des Übergangs, wird zu einem Sinnbild der Prudentia, der zurück- und vorausblickenden Weisheit, umgedeutet. Embleme waren so beliebt, dass sie auch auf Spielen und Spielsteinen, dargestellt wurden. Für das Verständnis benötigte der Betrachter ein Grundwissen der gängigen Motive und Ausdrucksweisen, sowie im Falle des Spielsteins mit dem Januskopf auch die Kenntnis der antiken Dichter. Nur in Kombination konnte er die hier implizierte Bedeutung verstehen. Das Spiel regte also auf einer höheren Ebene zum Gedankenspiel an. [Delia Scheffer]

Intaglio mit Skorpion, 16./17. Jahrhundert

Der hochovale Schmuckstein aus einem mehrfarbigen Jaspis zeigt einen Skorpion in Aufsicht. Der Körper des Tieres besteht aus einer größeren ovalen Kugel, in die mittig ein sechsstrahliger Stern und zum Kopf hin drei sechsstrahlige Sterne eingeschnitten sind. Am Kopf befinden sich drei kurze Striche. Die beiden Zangen sind recht dünn, es folgen auf jeder Seite je vier ebenso dünne Beine. Der geschwungene Schwanz mit dem Stachel besteht aus einzelnen kleinen runden Perlschnitten, die nicht miteinander verbunden sind. Bei dieser sehr einfachen und schlichten Arbeit, sind die Schnitte flach und flüchtig. Das gesamte Bild sitzt zu weit unten. Der Skorpion wird bereits seit der Antike dargestellt, wohl mit Bezug auf das Tierkreiszeichen. Skorpione begegnen uns unter den Kunstkammergemmen häufiger, vielleicht gab es eine besondere Beziehung zu dem Sternzeichen Skorpion. [Marc Kähler]

Spielstein mit dem Porträt von König Ferdinand I., um 1530

Auf dem Spielstein ist Ferdinand I. im Halbprofil dargestellt. Der König wird mit leicht geöffnetem Mund, halblangen glatten Haaren und Stirnfransen präsentiert. Auf dem Kopf trägt er ein Barett mit weiter Krempe, die auf der Unterseite mit einem Schmuckstück und kurzen Stoffstreifen verziert ist. Unter seinem prunkvollen Brokatmantel sind ein Wams und ein gefälteltes Hemd zu sehen sowie der Orden vom Goldenen Vlies. Die Rückseite ist durch mehrere konzentrische Kehlungen und ein Rosettenmotiv sparsam verziert. Die geschnitzte Umschrift auf dem Feld - K FERDINA NDI – ist schlecht in das Feld eingepasst. So ist die römischen Ordnungszahl I nicht getrennt vom Namen geschrieben. Aus Ferdinands Bezeichnung als König lässt sich schließen, dass der Stein frühestens nach seiner Wahl zum böhmischen König 1526 entstanden sein kann, da er zuvor nur den Titel Erzherzog hatte. Vermutlich handelt es sich um einen Teil einer Serie von Spielsteinen, bei der sich Frauen- und Männerporträts in Schwarz und Weiß gegenüberstanden. Sie hatte möglicherweise im weitesten Sinne die familiären und politischen Verbindungen der Habsburger zum Thema. Der Spielstein mit dem Porträt von Louise von Savoyen gehört ebenfalls in diese Serie. [Delia Scheffer]

Intaglio mit Theatermaske eines Silens, 1./2. Jh. n. Chr.

Der hochovale Schmuckstein in Form eines Skarabäoiden aus weiß und braun geschichteten Sardonyx ist als Anhänger gefasst und zeigt das Porträt eines bärtigen, kahlköpfigen älteren Mannes nach links. Der Hals fehlt, nur der Kopf im Profil ist wiedergegeben. Der Schädel ist sehr groß und bis auf dem Nacken vollständig kahl. Das Ohr ist nur kursorisch angegeben. Das Auge ist recht groß, der Bart ist füllig. Auf der Stirn wurden sicherlich nachträglich und von anderer Hand die seitenverkehrten Buchstaben F H eingraviert, die Schnitte sind unruhig und sehr flach. Zudem hätte der ursprüngliche Künstler sie nicht so prominent auf der Stirn platziert. Da hier nur der Kopf ohne Hals wiedergegeben ist, ist vermutlich eine Theatermaske eines kahlköpfigen, bärtigen Silens dargestellt. In den Kunstkammerinventaren ist das Stück als „Kopf des Hippocratis“ verzeichnet. [Marc Kähler]

Porträt Hans Froschauers in einem Holztäfelchen mit Schiebedeckel, 1526

Das kleine Bildnis des Hans Froschauer erschließt sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick, da es durch einen Schiebedeckel verdeckt ist. Schiebt man den Deckel herunter, wird das in ein flaches Holzbrettchen eingeschnitzte Porträt sichtbar. Froschauer ist als Büste im Halbprofil nach links präsentiert. Sowohl das kinnlange Haupthaar als auch der Vollbart sind stark gelockt. Seine Kleidung besteht aus einem gefältelten Hemd, einem Brokatwams und einem weiten Mantel mit Aufschlägen. Froschauer trägt weder Schmuck noch hält er Gegenstände in den Händen, die auf seinen Beruf schließen lassen würden. Die prächtige Kleidung lässt ihn jedoch als ein Mitglied des gehobenen Bürgertums erscheinen. Seine Herkunft und Biographie konnten bislang nicht geklärt werden, obwohl Inschriften auf dem Porträt außer dem Namen auch das Alter 29 und die Jahreszahl 1526 angeben. Nur wenige tafelförmige Holzporträts in vergleichbar kleinem Format sind heute bekannt. In der Reihe kleinplastischer Porträtreliefs steht dieses Objekt augenscheinlich ohne Vorbild da. Das Alleinstellungsmerkmal ist der Schiebedeckel, für den keine vergleichbaren Stücke identifiziert werden konnten. Kleinformatige Bildnisse mit Abdeckungen dienten dem privaten Andenken. Sie wurden nicht an die Wand gehängt, sondern in Truhen oder Schränken aufbewahrt. Die Abdeckung schützte zum einen das Bildnis, zum anderen machte sie aus dem Objekt einen sehr intimen, persönlichen Gegenstand, der nur einem kleinen Personenkreis zur Verfügung stand, welcher das Geheimnis unter der Haube im wahrsten Sinne des Wortes entdecken durfte. [Delia Scheffer]

Facettierter unverzierter Stein, um 1680

Der unverzierte hochovale Schmuckstein besteht aus durchscheinendem rosaorangenem Glas. Die Oberseite ist facettiert, die Unterseite ist konkav eingetieft. Das Stück ist vollständig erhalten. Der Rand ist uneben, vermutlich wurde eine Fehlstelle nachgeschliffen. Das vorliegende Stück ist mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner Form und Beschaffenheit ein Teil der sog. Moskowiterkassette (Inv. Nr. KK grün 317). [Marc Kähler]

Spielstein mit den Porträts der Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. von Bayern

Das Doppelporträt im Relief ist auf einem gedrechselten Holzspielstein befestigt. Die Brüder Ludwig X. und Wilhelm IV. von Bayern sind dargestellt, die sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Regierung teilten. Beide Männer sind in schwere Pelzmäntel gekleidet, auf denen jeweils eine großgliedrige Goldkette drapiert ist. Ludwig X. ist im Vordergrund mit Vollbart und einer Klappmütze dargestellt. Sein älterer Bruder Wilhelm IV. trägt hingegen einen gestutzten Kinn- und Schnurrbart, halblange Haare mit Stirnfransen und ein Barett. Die beiden Herzöge sind sowohl einzeln als auch gemeinsam mehrfach auf erhaltenen Renaissancespielsteinen abgebildet, die Reihung der Köpfe bei den Doppelporträts variiert allerdings. Die Ersterwähnung findet sich in dem Inventar über die Mömpelgarder Kleinodien von 1741. Dort wurden die Porträts als „Hertzog Mauritz von Sachsen und sein herr bruder Friederich“ gedeutet. [Delia Scheffer]

Facettierter unverzierter Stein, um 1680

Der unverzierte hochovale Schmuckstein besteht aus durchscheinendem rosaorangenem Glas. Die Oberseite ist konvex und dreifach gegliedert, die Unterseite ist leicht konkav eingetieft. Am Rand gibt es einige Absplitterungen. Das vorliegende Stück ist mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner Form und Beschaffenheit ein Teil der sog. Moskowiterkassette (Inv. Nr. KK grün 317). [Marc Kähler]

Liebesmedaille mit flammenden Herzen, 17./frühes 18. Jh.

Die Vorderseite dieser Medaille ziert ein Liebesschwur: LIEBE MICH WIE ICH DICH. NICHT MEHR VON DIER BEGEHR ICH. Eingerahmt von einem Palmzweig, dem Symbol für Gerechtigkeit, aber auch ewigen Leben und der Auferstehung. Die so entstandene zweite Bedeutungsebene kann als Versprechen auf die ewige Liebe und die Liebe über den Tod hinaus angesehen werden. Bild und Inschrift der Rückseite unterstreichen dies: Zwei Herzen, die in Flammen stehen, sind inniglich durch eine Kette verbunden. Ein Blumenkranz umrahmt dieses Symbol der ewigen Liebe, begleitet von der Inschrift BESTENDIG UND TREU IST MEINE LIEBEREY. [Lilian Groß]

Unverzierter Stein, um 1680

Der unverzierte hochovale Schmuckstein besteht aus durchscheinendem rosaorangenem Glas. Die Oberseite ist konvex und weist eine flache Scharte auf, die Unterseite ist leicht konkav eingetieft. Das Stück ist vollständig erhalten. Das vorliegende Stück ist mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner Form und Beschaffenheit ein Teil der sog. Moskowiterkassette (Inv. Nr. KK grün 317). [Marc Kähler]

Denar des Caracalla mit Darstellung der Fides

Das Militär bildete besonders während der späteren Kaiserzeit die eigentliche Machtbasis der römischen Herrscher. Die Unterstützung seiner Truppen ermöglichte es einem Feldherrn, sich zum Kaiser zu erheben, umgekehrt konnte ein schlechtes Verhältnis des Heeres zum Regenten und Oberbefehlshaber in Rom dessen Untergang besiegeln. Auch Kaiser Caracalla war dies bewusst, weshalb er nicht zuletzt mit Hilfe dieses Münzmotives versuchte, sich das Militär gewogen zu machen: Fides, die in Gestalt einer jungen Frau personifizierte Treue, steht zwischen zwei Feldzeichen und hält die Aquila, den Legionsadler, in der rechten Hand. Die Umschrift FIDEI EXERCITVS (der Treue des Heeres) beschreibt den für den Kaiser wünschenswerten Zustand und setzt ihn zugleich voraus. Caracalla, der durch die brutale Ermordung seines Bruders und Mitregenten Geta die Loyalität seiner Untertanen und seiner Soldaten aufs Spiel gesetzt hatte, musste sich in dieser Situation der Unterstützung der Armee versichern. Die beste Möglichkeit, dem Heer Respekt und Wohlwollen des Kaisers vor Augen zu führen, bestand in der Prägung entsprechender Münzbilder auf Denaren, die den Soldaten regelmäßig bei der Auszahlung ihres Soldes in die Hände kamen. [Sonja Hommen]

Intaglio mit Petrus, um 1600

Der hochovale Ringstein aus Jaspis oder Heliotrop zeigt das Porträt einen bärtigen Mannes nach links, der zwei Schlüssel in der erhobenen rechten Hand hält. Der Kopf und der Hals sind sehr groß, der Arm und die Hand dagegen sehr klein. Die Frisur kappenartig am Schädel an. Der Bart besteht aus parallelen kurzen Strichen. Der Dargestellte trägt einen Mantel, der eng am Hals liegt. Der Hals ist durch drei breite Striche gegliedert. Von der Hand sind drei Finger und der Daumen erkennbar. Sie halten zwei gekreuzte lange Schlüssel mit je drei Barten am Ende. Eine schlichte Arbeit, bei der die Proportionen nicht stimmig sind. Kopf und Hals sind zu massiv, der Arm zu klein, die Binnengliederung des Halses wirkt unnatürlich. Denkbar wäre, dass in dem vorliegenden Objekt und seinem Gegenstück die Apostel Petrus und hier Paulus dargestellt sind. [Marc Kähler]

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