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HfG-Archiv Ulm Grundlehre an der HfG-Ulm

Grundlehre an der HfG-Ulm

Das Studium an der HfG war auf vier Jahre angelegt. Im ersten Jahr nahmen alle Studienanfänger an einer gemeinsamen Grundlehre teil. Die folgenden drei Jahre dienten zur vertieften Ausbildung. Die Studierenden konnten nun wählen zwischen den Abteilungen Produktgestaltung, Visuelle Kommunikation, Bauen, Information und Film. Das Diplom bildete den Abschluss der Ausbildung.

Grundlehre 1953-1957
Die Grundlehre galt bereits im ersten Hochschulprogramm von 1950 als Kernstück des Ausbildungskonzeptes. Wie am Bauhaus war sie für alle Studierenden Pflicht. Allerdings stand an der HfG, anders als am Bauhaus, die individuelle künstlerische Entwicklung nicht im Zentrum des Grundlehreunterrichts. Die künftigen Gestalter sollten sich vielmehr ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden. Deshalb wurde in Ergänzung zur Entwurfsarbeit auch die Vermittlung einer breiten Allgemeinbildung angestrebt. Die HfG konnte mit Josef Albers, Johannes Itten, Helene Nonné-Schmidt und Walter Peterhans wichtige Bauhauspädagogen als Gastdozenten für Ulm gewinnen. Josef Albers genoss bereits, wie Max Bill, Friedrich Vordemberge-Gildewart und Tomás Maldonado, als „Konkreter Künstler“ internationales Ansehen. Weitere Gastdozenten in den frühen Grundlehrejahren waren Hermann von Baravalle, Otto Schatz und Max Bense. Sie alle teilten in den ersten Jahren der HfG die Ansicht, dass allgemein gültige Gestaltungsgesetze an Kunstwerken studiert werden können. Die Gesetze lassen sich auf Gestaltung im Allgemeinen und somit auf Entwürfe angewandter Art übertragen, sei es der Entwurf eines Elektrogeräts oder das Layout einer Zeitschrift.

Grundlehre 1958-1968
1958 veränderte Tomás Maldonado entscheidend das Programm der Grundlehre: Das Hauptziel war nun die Einführung in die verschiedenen Methoden, auf denen die Gestaltungsarbeit basiert. Dabei spielten Kenntnisse aus Bereichen der Mathematik, besonders der Symmetrie und der Topologie, das heißt die Lehre von den räumlichen Beziehungen, eine Rolle. Auch Wahrnehmungstheorien, in erster Linie das neu eingeführte Fach Semiotik, also die Lehre von den Zeichen und Zeichensystemen, reformierten den Lehrplan. Die überarbeitete Grundlehre bildete den Ausgangspunkt für die neue Ausrichtung der Ausbildung. Sie sollte künftig auf einer exakten wissenschaftlichen Grundlage erfolgen. Zentrale Bedeutung erhielt dabei die Methodologie, also die Lehre von den Methoden als eine Teildisziplin der allgemeinen Wissenschaftstheorie. Diese Veränderungen im Lehrplan sind auch im Kontext der weltweit revolutionären technischen Entwicklungen in der zweiten Hälfte der 50er Jahre zu sehen.

1961 wurde die gemeinsame Grundlehre für alle Studienanfänger aufgelöst und für die verschiedenen Abtei-lungen getrennt durchgeführt. (Text: HfG-Archiv/Dagmar Rinker)

[ 10 Objekte ]

Nicht orientierbare Fläche

In ihrem ersten Studienjahr an der HfG − der "Grundlehre" − erhielten die Studenten im Jahr 1958 die Aufgabe, eine "nicht orientierbare Fläche" zu gesalten. Dieser Begriff stamm aus der Topologie. Bei einer Solche Fläche lassen sich „Innen“ und „Außen“ nicht unterscheiden: Wandert man mit dem Auge an einer der Kanten der Kugelöffnung entlang, gelangt man ohne Übergang von der Innen- zur Außenseite und zurück. Für diese Aufgabe gibt es weitere Lösungsbeispiele von HfG-Studenten, doch keine ist von dieser skulpturellen Qualität.

Formschlüssiges Netz aus katametrischen Elementen

Eine grundlegende Beschäftigung mit seriellen Elementen war in allen Abteilungen der HfG auch nach der Abschaffung der gemeinsamen Grundlehre 1961/62 Programm. In der Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik, sind Netze als die Verallgemeinerung einer Folge definiert. Ein katametrisches Netz besteht aus Elementen mit unterschiedlichen Abmessungen.

Formübergangsstudie (Metall)

Zunächst zeichnerisch, dann im Modell stellte Lothar Scholz diesen Körper dar, einen „Übergang von einem Kreis in ein Rechteck mit Halbkreis“. Es ging also nicht um den Entwurf einer neuen Staubsaugerdüse, sondern darum, wie man geometrische Prinzipien in der Formung dreidimensionaler Gebilde einsetzen und damit verbindliche und nachvollziehbare Kriterien für die Fertigung finden kann. Derartige Übungen waren typische Aufgaben an der HfG, sowohl in der allgemeinen Grundlehre als auch später im 1. Studienjahr in den Abteilungen. Sie schulten das räumliche Vorstellungsvermögen der Studenten.

Raumecke (Studie)

Der Schwerpunkt in der Abteilung Bauen war das „Industrielles Bauen“ angeboten. Systematisch und in kleinen Schritten wurden die Studenten im 1. Studienjahr an dieses Thema herangeführt, indem sie sich mit einfachen und gemischten Netzen, Raumecken und Tragwerken beschäftigten. Es entstanden zahlreiche aus Papier gefaltete Modelle mit bemerkenswerter Tragkraft.

Zug-Druck-Verbindung

Josef Albers kam 1953 und 1955 jeweils für einige Wochen an die HfG, wo er in der Grundlehre unterrichtete. Albers genoss als Maler und Kunstpädagoge internationales Ansehen. Zwischen 1923 und 1933 hatte er am Bauhaus unterrichtet. Seit 1950 war er Direktor des Department of Design an der Yale University, New Haven. Er legte Wert darauf, dass die Studierenden vor allem aus praktischer Erfahrung lernten. Deshalb formulierte er die Aufgabe „Denken in Situationen“. Sie sollte das Begreifen einfacher statischer Probleme sichtbar machen. An diesem Objekt lässt sich die spielerische Lust und die Experimentierfreude ablesen, zu der Albers seine Studenten animierte. Flexible Fäden und starre Hölzer sind zu einer Struktur zusammengefügt, das allein durch die gegensätzlichen Eigenschaften dieser Materialien Halt bekommt. Dabei durften die Stäbe einander nicht berühren. Es entsteht ein ästhetisches Ganzes, das dem Ideal der Materialgerechtigkeit in höchstem Maße entspricht.

Formübergangsstudie (Holz)

Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien stand am Anfang der Ausbildung zukünftiger Designer. Im Umgang mit Gips, Holz, Metall, später auch Kunststoff, erprobten die Studenten verschiedene dreidimensionale Darstellungsmöglichkeiten. Der Übergang von einer Kreis- in eine Kreuzform ist in diesem Holzmodell nicht fließend, sondern in einzelnen, geometrisch exakt berechneten Stufen gestaltet.

Otl Aicher im Unterricht an der HfG

Otl Aicher unterrichtete in der Grundlehre der HfG Schrift und Freihandzeichnen. Als Visueller Gestalter war er Autodidakt, hatte sich aber bereits mit seinem Erscheinungsbild für die Ulmer Volkshochschule einen Namen gemacht. In die Grundlehre der HfG wurden in dieser Zeit um die 20 Studenten aufgenommen, der Kontakt mit den einzelnen Dozenten war also eng.

Unregelmäßige Vierecke

Unter den Bauhäuslern, die die Gründung der HfG unterstützten und in den ersten Jahren nach Ulm zum Unterrichten kam, war auch Walter Peterhans. Er hatte am Bauhaus die Werkstatt für Fotografie aufgebaut. Nach dessen Schließung ging er in die USA, wo er am Illinois Institute of Technology unterrichtete. Hier entwickelte er auch sein "Visual Training". Bei dieser Aufgabe ging es darum, aus verschiedenfarbigen Papieren "eine größere Fläche zusammenzusetzen und dabei die einzelnen Stücke zu einer neuen belebten Ganzheit hin" abzustimmen, so beschreibt Ingela Albers, eine der Teilnehmerin, die gestalterische Absicht.

Josef Albers im Unterricht an der HfG Ulm

Der ehemalige Bauhaus-Lehrer Josef Albers kam zweimal aus den USA an die neu gegründete Hochschule für Gestaltung (1953 und 1955), um dort für einige Wochen in der Grundlehre zu unterrichten.

Otl Aicher im Unterricht

Otl Aicher unterrichtete in der Grundlehre der HfG Schrift und Freihandzeichnen. Als Visueller Gestalter war er Autodidakt, hatte sich aber bereits mit seinem Erscheinungsbild für die Ulmer Volkshochschule einen Namen gemacht. In die Grundlehre der HfG wurden in dieser Zeit um die 20 Studenten aufgenommen, der Kontakt mit den einzelnen Dozenten war also eng. Diese Serie von Bildern gehört zu einer Reihe von Aufnahmen, die im Unterricht verschiedener Dozenten gemacht wurden und das Leben an der Hochschule dokumentieren sollte.

[Stand der Information: ]