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HfG-Archiv Ulm Die Abteilung Bauen an der Hochschule für Gestaltung Ulm

Die Abteilung Bauen an der Hochschule für Gestaltung Ulm

Ursprünglich trug die Abteilung unter der Leitung von Max Bill die Bezeichnung Architektur und Stadtbau. Mit ihrer Umbenennung 1957/58 in Abteilung Bauen änderte sich ihre Ausrichtung entscheidend. Im Mittelpunkt stand nun mit Konrad Wachsmann die Industrialisierung des Bauens, die auf der konsequenten Anwendung moderner Produktionsmethoden basierte. Die Aufgabenstellungen wurden diesem Anspruch gemäß formuliert. So entwickelten die Studierenden Systeme in Leichtbauweise, Stahlbeton- und Tragwerkskonstruktionen, Planungen zur Standardisierung von Bauelementen und zur Vorfabrikation von Fertigbauelementen.

Im stadtplanerischen Bereich fand durch die Einbeziehung statistischer Berechnungen und soziologischer Untersuchungen eine Erweiterung statt. Hier spielten die Vorlesungen des Mathematikers Horst Rittel eine besondere Rolle. Als theoretische Grundlagen mussten darüber hinaus Fächer wie Statik, Baukonstruktion, Fertigungslehre, Werkstoffkunde, Haustechnik, technische Physik, angewandte Physiologie (Klima, Optik, Akustik) und Soziologie belegt werden.

Unter der Leitung von Herbert Ohl bekam die Abteilung 1960/61die Bezeichnung „Industrialisiertes Bauen“. Als weitere Dozenten lehrten unter anderen Abraham A. Moles, Claude Schnaidt und Werner Wirsing. Insgesamt waren 170 Studierende in der Abteilung eingeschrieben.

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Teppichsiedlung in Raumzellenbauweise

Das Modell der ornamental strukturierten Teppichsiedlung aus seriell aufeinander folgenden Wohn- und Freiflächen entstand im Zusammenhang einer Untersuchung der Möglichkeiten rationalisierten und industrialisierten Bauens. Die Gestalter räumten der auf alle Typen des Wohnungsbaus anwendbaren Bauweise aus Ringzellen den Vorzug gegenüber der Plattenbauweise ein. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: ein hoher Vorfertigungs- und Industrialisierungsgrad, geringer Montageaufwand, strukturelle Festigkeit und hervorragende Schalldämmung. Durch die Weiterentwicklung zur Ringzellenbauweise, das heißt durch die Zerlegung der standardisierten Betonzelle mit ihren großen Abmessungen in nur 60 cm tiefe Abschnitte (Ringe), wurde die Flexibilität dieses Systems erheblich erhöht.

Raumecke (Studie)

Der Schwerpunkt in der Abteilung Bauen war das „Industrielles Bauen“ angeboten. Systematisch und in kleinen Schritten wurden die Studenten im 1. Studienjahr an dieses Thema herangeführt, indem sie sich mit einfachen und gemischten Netzen, Raumecken und Tragwerken beschäftigten. Es entstanden zahlreiche aus Papier gefaltete Modelle mit bemerkenswerter Tragkraft.

Wohneinheiten mit veränderlicher Nutzung

Das Bauen mit industriell vorgefertigten Elementen erschien knapp 20 Jahre nach dem verheerenden Weltkrieg eine gute Möglichkeit zu sein, Wohnraum für viele Menschen zu schaffen. Hohe Siedlungsdichte, kostengünstige Herstellung und die Veränderbarkeit der Wohnungsgrößen waren deshalb wichtige Anforderungen, die an diesen Studenten-Entwurf gestellt wurden. Die Verwendung von vorgefertigten Raumzellenbau ermöglichte niedrige Produktionskosten. Um Platz für viele Bewohner auf einer geringen Grundfläche zu schaffen, planten die Entwerfer zwölf Geschosse ein und eine große Bautiefe. Gleichzeitig gliederten sie den Grundriss in drei Zonen. So konnten sie sehr unterschiedliche Wohnungsgrößen gestalten: Mehrere Einzelräume ergaben Kleinwohnungen, Großwohnungen erstreckten sich über drei Geschosse. Mehrere Kleinwohnungen konnten im Verlauf der Nutzungsdauer zu Großwohnungen zusammengefasst oder große Wohneinheiten wieder in kleinere aufgeteilt werden. Die Variabilität ergab sich auch durch eine vertikale Erschließung mit Aufzug und Fluchttreppe, kombiniert mit Korridoren in den Geschossen mit den Einzelräumen.

Pavillon der Stadt Ulm

1955 feierte das Land Baden-Württemberg seinen Zusammenschluss mit einer großen Ausstellung in Stuttgart. Der Ulmer Gemeinderat beauftragte die HfG mit der Gestaltung eines Pavillons, der die Stadt Ulm repräsentieren sollte. Max Bill entwarf eine Holzkonstruktion, deren Dach in der Mitte geöffnet blieb. Im Zentrum des Gebäudes stand eine Nachbildung der Münsterspitze. Vier große Fototafeln zeigten den Blick vom Münsterturm aus in alle Himmelsrichtungen. Die einfache und offen liegende Konstruktion wirkte auf viele Menschen befremdlich, in der Phase des inzwischen begonnenen wirtschaftlichen Aufschwungs sogar ärmlich. "Was den Pavillon der Stadt Ulm anbelangt, gewinnt man zunächst von außen den Eindruck, dass nur der Gerüstbau fertig und die Ausstellung um acht Tage zu früh eröffnet wurde", schreib ein Leser an die Schwäbische Donau Zeitung. Neben den kritischen Stimmen gab es aber auch zahlriche Fürsprecher des Entwurfs, die begeistert von seiner klaren Grundidee und ihrer konsequenten Umsetzung waren.

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